Seit mehr als 45 Jahren übt Hilda Fellinger ein besonderes Handwerk aus, das man heutzutage eher selten zu Gesicht bekommt. Die Pensionistin aus Neukirchen an der Vöckla findet man nämlich regelmäßig vor ihrem Spinnrad und auch am Stehrerhof, wo sie aus hauseigener Schafswolle feines Garn spinnt. Allerlei Wissenswertes über dieses Handwerk erfahren Sie aus erster Hand in diesem Artikel.
Wie sind Sie zu diesem Handwerk gekommen?
„Damals, als mein Sohn 12 Jahre alt war, hat er sich immer ein Tier gewünscht. Da haben wir uns zuhause ein Schaf zugelegt und dieses hat Junge bekommen. Die Schafe mussten natürlich geschoren werden und die Wolle bot sich eben zur Weiterverarbeitung an. Anfangs machten wir daraus Unterbetten. In den 80er Jahren habe ich dann mit dem Spinnen begonnen.
Was gefällt Ihnen an dieser Tätigkeit und worin liegt die Schwierigkeit?
Das Spinnen ist pure Erholung. Früher nach einem anstrengenden Tag am Bauernhof hat man sich am Abend zum Spinnrad gesetzt und das war einfach eine meditative und ausgleichende Arbeit. Aber das Spinnen braucht halt einfach Übung. Zu Beginn muss man ein wenig dicker spinnen, damit der Faden nicht immer abreißt, aber mit der Übung wird er irgendwann immer dünner und gleichmäßiger.
Was benötigt man alles zum Spinnen und wie wird aus der Wolle gesponnenes Garn?
Naja, grundsätzlich natürlich das Spinnrad. Früher hatte ich eines, dass war so laut, dass mein Mann die Fernsehnachrichten nicht mehr verstanden hat. Darum habe ich dann eine Neuseeland-Spinnrad bekommen. Das geht jetzt ganz leise. Und dann braucht man natürlich noch die Spindeln und das Wollvlies.
Für das Vlies wird die geschorene Wolle zuerst gemustert, sodass nur das Schönere zum Spinnen überbleibt. Dann wird sie vorsichtig gewaschen, damit das Lanolin nicht rausgeht. Das ist das Wollfett. Bei maschinengesponnener Wolle wird es entfernt und für Kosmetik verwendet. Bei einer handgesponnenen Wolle bleibt das Fett drinnen, das macht sie widerstandsfähiger und wasserabweisend.
Dann wird die Wolle zum Trocknen aufgelegt und kadiert. Beim Kadieren werden die Wollfasern aufgelockert, sodass sie weich und locker aufeinander liegen. Das nennt man dann Vlies. An diesem zupft man dann gleichmäßig und „füttert“ sozusagen das Spinnrad. Der Faden wird dann über ein Rad, welches sich mit einem Fußpedal betrieben wird, auf die Spindel aufgewickelt.
Was passiert mit dem fertigen Garn? Welche Produkte entstehen daraus?
Frau Fellinger zeigt uns einen Korb mit handgefertigten Produkten. „Aus dem Garn mache ich Socken, Handschuhe und Hausschuhe. Die sind besonders angenehm, weil sie nicht kratzen und man damit auch nicht schwitzt. Die Wollprodukte haben eine angenehme und ausgleichende Wärme.
Gibt es heutzutage noch viele, die dieses Handwerk ausüben?
Naja, es gibt schon einige, die das Spinnen heutzutage noch erlernen wollen. Am Stehrerhof gibt es zum Beispiel auch Spinnkurse. Auch ich habe es schon dem ein oder anderen beigebracht.
Auch Hans Mayr hat sich seit seiner Pension einem Handwerk verschrieben. Das Schmieden, welches schon auf dem elterlichen Betrieb eine gängige Tätigkeit war, hat er sich von Meistern abgeschaut und nach seinem Ruhestand selbst erlernt. Seit ca. 6 Jahren darf man ihm gelegentlich bei seinem Handwerk am Stehrerhof über die Schulter schauen.
Was hat Sie motiviert, dieses Handwerk in der Pension zu vertiefen?
"Auf dem elterlichen Bauernhof war, wie bei vielen Bauernhöfen, eine kleine Schmiede eingebaut, wo man die notwendigen Werkzeuge wie einen Krampen oder eine Pflugschar selbst gemacht hat. Bei uns war Eisen eigentlich immer allgegenwärtig. Mein Vater hat sich nach dem Krieg sogar selbst einen Traktor zusammengebaut. Da habe ich mir die Grundkenntnisse gelernt und immer ein bisschen herumgebastelt. Jetzt in der Pension habe ich mir zuhause eine Schmiede eingerichtet und schmiede dann, wenn irgendetwas anfällt.
Was fasziniert Sie an dieser Tätigkeit? Ist das Schmieden für Sie ein Ausgleich?
"Ein Ausgleich ist das Schmieden nicht wirklich. Das Schmieden hat schon viel mit Kraft zu tun. In meinem Heimatort Brunnenthal, genauer gesagt in der Pfarrkirche Maria Brunnenthal, gibt es ein schmiedeeisernes Speisegitter. Das ist sehr eindrucksvoll, denn es ist vier Meter hoch und gänzlich aus Schmiedeeisen. Das ist wirklich hohe Kunst und davor habe ich eine emotionale Achtung. Außerdem freut es mich, wenn Schulkinder am Stehrerhof vorbeikommen und ich ihnen die Grundlagen erzählen kann. Was man mit Eisen machen kann und was früher damit gemacht wurde.
Woraus besteht das Equipment für Ihre Arbeit?
“Man braucht im Grunde genommen einen Hitzepunkt. Früher wurde der Schmiedeofen mit Holzkohle geheizt, heute wird dafür hochwertige Steinkohle verwendet. Dann braucht einen Amboss als Gegengewicht, einen passenden Schraubstock sowie einen Hammer und eine Zange. Ansonsten braucht der Schmied eigentlich nicht mehr viel, da er sich seine Werkzeuge ja selber herstellen kann. ”
Was sind die Schwierigkeiten bei Ihrer Arbeit? Was erfordert besonders viel Geschick?
“Das Schwierige beim Schmieden ist, dass man das Metall nicht überhitzt. Wenn das Eisen zu heiß wird, fängt es an, mit der Kohle zu reagieren und spritzt dann wie ein Sternspritzer. Das ist zwar schön zum Zuschauen, aber dann hat das Eisen so viel Kohlenstoff aufgenommen, dass es spröde wird. Die Schwierigkeit besteht also im Großen und Ganzen darin, dass man den richtigen Zeitpunkt der Hitze erkennt.”
Gibt es viele Personen, die dieses Handwerk noch erlernen und wie hat sich dieses Handwerk heutzutage entwickelt?
“Genau kann ich nicht sagen, wie viele Schmieden es noch gibt, aber ich glaube es ist sicher ein sehr verbreitetes Hobby. Heutzutage ist natürlich vieles industriell, aber von der Technik her ist es eigentlich gleich geblieben. Jeder Nagel oder Schrauben ist im Grund genommen geschmiedet.”
Welche Produkte fertigen Sie an?
“Am Stehrerhof schmiede ich hauptsächlich Nägel zur Schaustellung. Ab und zu am Nachmittag kommt jemand mit stumpfen Werkzeugen. Da wäre zwar die schnellste Möglichkeit, dass man diese kurz abschleift. Aber sobald man Eisen schleift, verliert es an Härte. Wenn das ordentlich geschmiedet wird, hat man langfristig sicher mehr davon. So etwas mache ich schon auch. Für Wegkreuze zum Beispiel schmiede ich manchmal schön ausgeformte Nägel in unterschiedlichen Längen und manchmal einfach das, was mir momentan Spaß macht.”
Freilichtmuseum Stehrerhof
Oberhaid 8
4872 Neukirchen an der Vöckla
+43 (0) 7682/ 70 33
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