Michael Neudorfer ist Inhaber einer der schönsten (und best sortiertesten ) Buchhandlungen Österreichs, wenn nicht sogar Europas (Auszeichnung "Schönste Buchhandlung Europas" 2019). Und Obmann des Vereines Frankenburger Würfelspiel sowie seit 2021 auch Regisseur's des gleichnamigen Freilufttheater in Frankenburg am Hausruck.
Für unser "HAU'RUCK - Das Hausruckwald Magazin" schreibt er außerdem die Kolumne "Schatzkistl" in der er den oberösterreichischen Dialekt hochleben lässt, alte oder vielleicht bereits vergessene Dialektwörter aufgreift und deren Bedeutung erklärt und uns damit auf Omas und Opas "Sunbänk" mitnimmt! Aber lesen Sie am besten selbst:
Hier können Sie alle bisher erschienenen HAU'RUCK Magazine als E-Paper durchblättern und auch Michael Neudorfer's Kolumne nachlesen!
Owi, auffi, eini, umi und aussi: Heute kramen wir in unserer Wortschatz-Kiste ganz gezielt nach jenen Perlen, die unsere Fahrten und Reisen als ergänzende Bekräftigungen begleiten.
Gehen wir einmal davon aus, dass wir von den Höhen des Hausrucks ausgehen. Da fahren wir nach Vöcklabruck, nach Schwauna, nach Wöös und nach Linz owi, nach Wean sowieso. Das erscheint logisch, liegen doch all diese Destinationen seehöhetechnisch weit unter uns. Es geht also owi, abwärts, bergab...
Führt uns unser Weg aber einmal nach Salzburg, dann fahren wir auffi – obwohl die Mozartstadt (424m) eindeutig tiefer liegt als etwa Ampflwang (566 m).
Hmm, vielleicht ist ja nicht die Seehöhe für die Anwendung der Richtungsangaben maßgeblich, sondern die Strömung der fließenden Gewässer? All unsere Bäche und Flüsse rinnen owi zur Donau, und die wiederum fließt owi zum Schwarzen Meer. Wohingegen wir uns nach Salzburg auffi plagen müssten, würden wir auf dem Wasserweg reisen.
Aber: Lockt uns der Attersee, fahren wir nach Seewalchen, Nußdorf, Weyregg eini. Hat das etwas damit zu tun, dass wir dort dann in den See hineinspringen, also eini? Wohl nicht, denn wir fahren auch ins Gebirg eini, nach Ebensee, Ischl, Hallstatt und Aussee.
Eindeutig und ganz logisch ist die Geschichte, wenn wir unsere Region Richtung Norden verlassen: Wir fahren nach Pramet, Eberschwang und Riad umi, also hinüber, über den Hausruck. Führt uns die Reise allerdings weiter nordwärts über unsere Landesgrenzen, dann fahren wir nach Deutschland aussi, also hinaus aus unserem schönen Land.
Beenden möchte ich mein Schatzkistl heute mit meiner Lieblingsortsangabe. Sie ist deshalb so kostbar, weil sie unübersetzbar ist: dauni (nicht zu verwechseln mit Dauni, dem Rufnamen für alle Antons unserer Gegend). Lass mi dauni klingt zwar phonetisch genauso wie Lass mi, Dauni, bedeutet aber was ganz anderes. Das kleine dauni ist überall einsetzbar, zu Lande und zu Wasser. Es bezeichnet eine Bewegung weg von wo. Der Sommer ist da, also: Schwimma ma a weng dauni!
Kolumne von Michael Neudorfer, HAU'RUCK - Das Hausruckwald Magazin / Ausgabe 3_2022_Sommer
Beim heutigen Kramen in der Wortschatz-Kiste hab ich mich ganz in die zwischenmenschlichen Beziehungen verstrickt.
Mit Du bist ma ned zwida hat schon so manche ewige Freundschaft und auch die Liebe fürs Leben begonnen. So wie man überhaupt sagen kann, dass Er/Sie is ned zwida eines der größten Komplimente darstellt, zu denen unsere Mundart fähig ist. Was für den Nicht-Hausruckviertler nach britischem Understatement klingt, gilt hierzulande als Vorstufe der Euphorie...
Oder betrachten wir unser Schönheitsideal. A gaunz a Sauberne bezeichnet nicht etwa eine vom Reinlichkeitswahn Besessene, sondern ein nahezu unbeschreiblich hübsches Mädchen. Wenn so eine zarte Bande zu einem ned zwidanen jungen Mann knüpft, dann bleibt das der Umgebung meistens nicht verborgen. De zwoa sehn si gern, heißt es dann. Und das ist eine besonders zartfühlende Beschreibung für eine aufkeimende oder gar schon in lodernden Flammen stehende junge Liebe.
Zum Schluß möchte ich Ihnen noch zwei legendäre Figuren vorstellen, die man kaum noch kennt. „Richt‘ di gscheider zaum, du kimmst ja daher wia der Bedl Flink“, ermahnte mich meine Mutter stets, wenn ich nicht ordentlich genug gekleidet aus dem Haus gehen wollte. Der Bedl Flink – einst ein nie gesehenes abschreckendes Beispiel, heute Schutzpatron jener, die sich bewusst neue Jeans kaufen, in denen die Löcher schon drin sind.
Mein absoluter Liebling ist jedoch der Katschthaler Michi. Er ist für alles verantwortlich, was nicht erledigt wurde: „Wer macht die Tür zua – der Katschthaler Michi?“, „Wer drahts Liacht ab – der Katschthaler Michi vielleicht?“ „Wer schalt‘ den Ofen aus – der Katschthaler Michi?“ Was immer man auch verabsäumt hat – es gibt einen, der es in Ordnung bringt. Wenn er nicht drauf vergisst, der Katschthaler Michi.
Kolumne von Michael Neudorfer, HAU'RUCK - Das Hausruckwald Magazin / Ausgabe 2_2021_Winter
Wir sind reich. Unermesslich reich. Denn wir haben etwas, was sonst niemand hat auf der ganzen Welt: unseren Dialekt, der uns so unverwechselbar und einzigartig macht.
Wer sonst außer uns sagt schon Roaskittl zu einem Menschen, der gern unterwegs ist? Roaskittl – wie blass nimmt sich dagegen der Begriff „Globetrotter“ aus!
Lassen Sie mich weiterkramen in unserer Wortschatz-Kiste und nachschauen, welche Perlen sich da ganz unten verbergen. Den Zreißjogerl finde ich da und den Loamiau. Während Jakob so ungestüm ist, dass er ständig Löcher in seine Kleidungsstücke reißt, ist der andere so lethargisch, dass ihm das nie passieren würde. Der Rutschipeder wiederum ist der beste Beweis dafür, dass hyperaktive Kinder keine Erscheinung der modernen Zeit sind...
Dass das Nachbarsmensch a Leischn ist, berichtet uns gänzlich unaufgefordert eine mitteilungsbedürftige Ratschkathl. Deren enge Verwandtschaft, das Redhaus, erzählt indessen ganz aufgeregt, dass sich der hoagliche Ziepf und das wählerische Zieferl endlich gefunden haben. Zwei, denen eh keine und keiner gut genug gewesen wären.
Die Neugierdsnasen wiederum möchte gerne wissen, wie das Kipfi zu seinem Namen kam. Ob leicht das beliebte halbrunde Gebäck auch so naiv sei, fragt sie mich. Ich weiß es nicht. Ich freu mich nur, wenn jemand so genannt wird. Soll sie doch eine Gscheithaum fragen oder gleich ein Gscheithaferl!
Um wie viel ärmer wären wir doch ohne diese Wörter! Die meisten von ihnen sind vom Aussterben bedroht. Dabei wäre ihre Rettung so leicht: wir müssen sie einfach nur benützen.
Kolumne von Michael Neudorfer, HAU'RUCK - Das Hausruckwald Magazin / Ausgabe 1_2021_Sommer